Drei Brüder




Drei Brüder, der Tod, der Frieden, der Krieg
ziehen durchs Land, von den meisten unerkannt,
in der Kleidung von Zimmerleuten auf Wanderschaft.
Der Tod, ein gleichmütiger Geselle, ist nicht faul
und sich für keine Arbeit zu schade.
Den breitkrempigen Hut tief ins Gesicht gezogen,
darunter sein unheimliches Grinsen.
Der Krieg ist von den Dreien der größte
und strotzt vor Kraft.
Er blickt finster und verschlagen.
Wie ein Scheunendrescher frisst er alles, was er finden kann.
Nach der Arbeit sitzt er oft mit dem Tod zusammen.
Die beiden sind ein Herz und eine Seele.
Der Frieden ist der heiterste und zugleich klügste Geselle.
Seine Hände sind schlank und grazil.
Auf den Wanderwegen spielt er auf seinem Banjo lustige
Lieder und Liebesweisen.
Er macht sich die Hände nicht schmutzig,
ganz der Träumer und Schöngeist, weswegen ihn seine
Brüder manchmal aufziehen.
„Sieh den Frieden“, rufen sie, „er träumt schon wieder
von den Weibern!“
Und der Krieg brüstet sich: „Wie oft habe ich ihn nicht
schon vor den Nebenbuhlern schützen müssen!“
Und der Tod reibt sich die Hände: „Ja, das kannst du zu gut.“
Oder sie reden: „Er kommt nach der Mutter. Den Röcken
gefällt es, wenn er auf der Klampfe spielt. Die sind ganz
narrig nach unserem Bruder.“
Der Frieden lächelt sein offenes Lächeln, wenn seine Brüder
ihn frotzeln. Ohne ihn würden sie sich auf der großen Welt
verlaufen. Er wusste immer den Weg. Der dumme Tod
konnte nicht einmal Links und Rechts auseinander halten.
Und der starke, übermütige Krieg würde am liebsten nur
streiten und fressen und dabei ganz die Arbeit vergessen.
Wenn Tod und Krieg zusammensitzen, diskutieren sie oft,
ob sie nicht ganz ohne ihren ungleichen Bruder Frieden
auskämen, denn insgeheim beneiden sie ihn, weil er klug
und gebildet ist.
Der Tod sagt in seiner Einfältigkeit: „Ich brauche ihn nicht.
Meine Arbeit erledige ich stets gleich.“
Doch der Krieg, der zwar behäbig im Denken ist, entgegnet:
„Bruder Tod, du kannst mir glauben, dass ich den Frieden
oft genug zum Teufel wünsche mit seinem Schöngetue.
Soll er sich bei den Weibern ein Bett machen.
Trotz allem ist er unser Bruder, er weiß viel, handelt für uns
einen guten Lohn aus und führt uns.“
Der Tod will seinem kräftigen Bruder nicht widersprechen
und grinst sein schamlos dummes Grinsen.
Eines Tages, denkt er bei sich, werde ich einen Brudermord
begehen, Arbeit wird sich für mich immer finden.
Und tatsächlich, eines Tages ziehen nur noch zwei Brüder durchs Land.
Der Frieden hat seinen Frieden mit dem Tod geschlossen.
Er musste den Krieg erledigen, bevor er selbst auf der Strecke
geblieben wäre. An seinen Händen klebt das Blut des Bruders,
was den Tod versöhnlich gegenüber dem Frieden stimmt.
Das ist nicht mehr der alte Frieden.
„So gefällst du mir, Bruder“, sagt der Tod.
Der Frieden schweigt. Er spielt niemals wieder auf seinem
Banjo Liebeslieder. Auch sieht man ihn nicht mehr lachen
und bei keiner Maid. Dieser Frieden ist teuer erkauft.




16.06.2006 14:15 von bonanza

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