geht es dir auch so? an tagen
die wolkenverhangen grau, der wind die
haare zerzaust, dieses enge, dreckige gefühl
das dein herz umklammert
spürst du dann auch die tragik der gewohnheit?
wenn du diese naturfremden, wochenendwartenden
städter kreuz und quer über die trottoirs eilen siehst
ganz ernsthaft und verbissen
steckt dir dann auch ein kloß im hals?
an dem du würgst, wenn dir blicke begegnen
die sich musternd-scheu an schaufenstern halten
die sonne fehlt
wenn die sonne die müden, gehetzten geister
zur cafetisch und parkbanktherapie einlädt
erscheint doch alles in bester ordnung
es zieht mich
in die große buchhandlung
draußen glaube ich ersticken zu müssen
an der unwirtlichkeit dieser schattengesellschaft
ist es nicht so, dass wir ohne
bücher kaum noch atmen könnten?
ich fühle mich wohl in diesem bücherwald
der, auch schon krank, um seine vielfalt röchelt
wie in der natur sterben die seltenen, zierlichen
pflanzen unter der groben verächtlichen hand
des menschen schnell aus
bücherregale füllen sich mit bestsellern
geht es dir auch so?
dass du nicht mehr unterscheiden kannst?
dass du ganz verwirrt durch landschaften wandelst
und nicht fühlst, nicht sinkst
wie seetang oben schwappt
ich suche eine bestimmte pflanze in diesem
papierwald
und frage eine ältere bdienstete
„haben sie ... von
cesare pavese?“
„was ist der nachname?“
„pavese“
„mit v oder w in der mitte?“
„v“
sie tippt es in ihren computer, und eine
liste paveses bücher erscheint
„das ist es“, und ich deute auf den bildschirm
„vergriffen!“
die alte dame schaut uninteressiert, und als ich
noch mal frage, brummelt sie nur irgendwas
in ihren bart




1985