Von der Nähe des Mondes im Winter
Herr Bublath redet im Fernsehen von der Gefahr
dass der Himmel einstürzen könnte
jeden Moment rasen unzählige Meteoriten auf die Erde zu
die Menschheit würde den Einschlag eines größeren
Brocken nicht überleben
Gott feuert mit Schrot auf uns
eine Arbeitskollegin wartet auf eine Lebertransplantation
sie hat Zirrhose
der Tod ist kein fernes Urlaubsziel
er steht bereits hinter der nächsten Tür
ich pflege Menschen, deren Sanduhr längst abgelaufen ist
es sieht zumindest so aus
die letzten Sandkörner sitzen in der Öffnung fest
und fallen ums Verrecken nicht
der Wintereinbruch führt zum erwarteten Verkehrschaos
Menschen auf dem Weg nach Hause
eingeklemmt in ihren zerdrückten Blechkarossen
ich sehe ihr frisches Blut im Schnee
der Mond ist riesig, so dass sich der Erdboden
wie ein Teppich in Wellen hebt und senkt
die Häuser ducken sich
das Telefon wird klingeln, und eine Stimme wie
aus einem anderen Kosmos wird sagen:
„... wir haben eine Leber für Sie ...“
wie ist das Wetter draußen?
hat es geschneit?
ich habe Angst vor dem Mond
er ist ganz nah
03.12.2005 von bonanza
bonanzaMARGOT - 14.12.2006 16:12