gedanken aus dem sessel (2)
ich komm` mir vor, wie ein revolverheld, der
ewig fingerübungen macht und nicht zum
schuß kommt
es war ein spaß, kartoffeln aus dem keller
zu holen. ich langte mit dem arm durch den
breiten spalt am fußende der holzkiste
fummelt ein paar kartoffeln hervor, so daß
die anderen nachpolterten
es machte auch spaß, die ölkanne zu füllen
der geruch von öl prägte sich mir ganz tief ein
er war im ganzen keller
mein opa zeigte mir am liebsten, wie man aus
einem jungen ast eine flöte schnitzte
wenn du so willst, modelliere ich meine scheiße
zu dem, was du gerade liest
die wahrscheinlichkeit im lotto zu gewinnen ist
verhältnismäßig groß gegenüber der wahrscheinlich-
keit, daß ich hier sitze und darüber nachdenke
ob ich lotto spielen soll
ich ging eigentlich ganz gerne für meine mutter
einkaufen. ich war stolz, wenn ich alle artikel
auf dem zettel richtig vom regal gefischt hatte
beim gemüse ging`s oft schief, denn die salat-
köppe in der auslage sahen für mich alle gleich
mies aus
zurück zum lotto: ich meine wirklich, daß die wahrscheinlichkeit im lotto zu gewinnen ziemlich
groß wäre, wenn man alle zeit des universums hätte
jeder mensch für sich ist ein eingetretener lotto-
gewinn in der lotterie des lebendigen - (oder?)
mein bruder und ich wechselten uns ab mit abfall-
runterbringen
wenn wir mittags von der schule kamen, hatte meine
mutter das kinderzimmer tiptop aufgeräumt, was
beinhaltete: staubwischen und saugen, bettenmachen,
schreibtisch aufräumen sowie comics und spielsachen
vom boden aufzusammeln, schubladen nach verschimmelten
essensresten absuchen ...
ich erinnere mich an den geruch von möbelpolitur
ich bin ein großes kind, das seine abenteuer aufs
philosophieren und biertrinken verlegte
ich stelle mir einen fingerabdruck auf zimmerwand-
format vergrößert vor
bonanzaMARGOT - 01.10.2007 11:26
schreiben wie atmen - 01.10.2007 23:28
Eines Tages...
lagen alle Sachen aus meinen Schränken im Garten. Meine Mutter fand, ich sei zu unordentlich. Ich fand, meine Mutter habe keine Achtung vor den Dingen die ich liebe. Zwei Wochen später war ich ausgezogen. Ich war siebzehn. Damals wurde man erst mit einundzwanzig Jahren volljährig. Ich begann meine Karriere als Erwachsene mit einem halbherzigen Rechtsstreit (den ich ebenson halbherzig gewann). Ob ich damit wirklich etwas gewonnen habe weiß ich bis heute nicht sicher zu sagen. Vielleicht das eine: ich lass mir nichts von dem wegnehmen was meine Basis bildet. Liebe zum Leben und das Selbstverständnis, dass ich darauf ein eingeborenes Recht habe das mir nicht erst jemand zugestehen muß.
bonanzaMARGOT - 02.10.2007 14:08
Als wir damals umzogen
von der Mietwohnung (2.Stock) ins Haus meines Opas, ich war 15, mein Bruder 20, wir bewohnten immer noch gemeinsam das Kinderzimmer (15qm), entdeckte meine Mutter die Pornosammlung meines Bruders und schmiß die Heftchen wütend aus dem Fenster. Schade, dachte ich damals, außerdem ziemlich peinlich.
Damals herrschten die Eltern nach der Devise: Solange du deine Beine unter unseren Tisch streckst ...
Und wir, angesteckt vom freiheitlichen Geist der 68er, dazu noch pubertierend, hauten anständig auf den Putz! Nein, unsere Eltern hatten es bestimmt nicht leicht. Sie konnten unserem Aufbegehren meist nichts anderes als ihre Autorität entgegensetzen. Sie hatten nie gelernt, in anderen Mustern zu denken und zu argumentieren.
Angela, es ist nie befriedigend, wenn es zwischen Eltern und Kind zum Zerwürfnis kommt. Einen schalen Beigeschmack kriegt man dabei nicht los. Leider gibt es manchmal keinen anderen (Aus)weg ins Erwachsensein.
bon.
Damals herrschten die Eltern nach der Devise: Solange du deine Beine unter unseren Tisch streckst ...
Und wir, angesteckt vom freiheitlichen Geist der 68er, dazu noch pubertierend, hauten anständig auf den Putz! Nein, unsere Eltern hatten es bestimmt nicht leicht. Sie konnten unserem Aufbegehren meist nichts anderes als ihre Autorität entgegensetzen. Sie hatten nie gelernt, in anderen Mustern zu denken und zu argumentieren.
Angela, es ist nie befriedigend, wenn es zwischen Eltern und Kind zum Zerwürfnis kommt. Einen schalen Beigeschmack kriegt man dabei nicht los. Leider gibt es manchmal keinen anderen (Aus)weg ins Erwachsensein.
bon.
EndlosFaden - 13.10.2007 16:34
wenn ich mal ganz offen schreiben darf: Abenteuerlust auf Philosophieren und Biertrinken, sich dabei wie ein nicht zum Schuss kommender Revolverheld fühlen ... das hinterlässt weniger das Bild eines großen Kindes als das eines kleinen Erwachsenen :-) .
Mich würde noch interessieren, ob du dich in dem (deinem) Fingerabdruck wiederfindest...
LG Endlosfaden
Mich würde noch interessieren, ob du dich in dem (deinem) Fingerabdruck wiederfindest...
LG Endlosfaden
bonanzaMARGOT - 13.10.2007 16:59
hi, endlos-faden,
ich habe eine menge fingerabdrücke, mehr als finger. in diesem blog gibt`s einige abdrücke zu lesen. ich kann mich in jedem wiederentdecken. in dem einen mehr, im anderen weniger - kommt ganz auf meine stimmung an.
mal fühle ich mich als großes kind, mal als kleiner erwachsener oder verhinderter revolverheld. ich kann auch richtig erwachsen erscheinen, obwohl ich sagen würde, dass dies mehr eine maske ist, die ich im beruflichen und sonst nicht einfachen "überlebensalltag" aufsetze.
gruß
bon.
mal fühle ich mich als großes kind, mal als kleiner erwachsener oder verhinderter revolverheld. ich kann auch richtig erwachsen erscheinen, obwohl ich sagen würde, dass dies mehr eine maske ist, die ich im beruflichen und sonst nicht einfachen "überlebensalltag" aufsetze.
gruß
bon.
endlosfaden (Gast) - 13.10.2007 18:10
Aaahhh, die Masken!
Wichtigstes Requisit im dramaturgischen Ritual des älter werdenden Lebens :-) . Nur gut, wenn mensch immer die passende Ausführung parat hätte, damit das Theaterstück einen Sinn machte.
Nun, lass uns einfach unsere Masken anziehen; komm, wir spielen "Erwachsen" - *bon antipp: du bist*
Und meinst du nicht auch, dass der Reiz des Spiels darin liegt herauszufinden, wer gerade hinter der Maske lebt?
Nun denn ... Vorhang auf...
LG Endlosfaden
Nun, lass uns einfach unsere Masken anziehen; komm, wir spielen "Erwachsen" - *bon antipp: du bist*
Und meinst du nicht auch, dass der Reiz des Spiels darin liegt herauszufinden, wer gerade hinter der Maske lebt?
Nun denn ... Vorhang auf...
LG Endlosfaden
bonanzaMARGOT - 13.10.2007 18:36
man muß halt aufpassen,
dass man mit den masken nicht zu sehr verwächst. immer wieder gute beispiele gibt es im politik- und management-zoo zu bestaunen. die politiker und manager werden irgendwann die "hohen tiere", die sie spielen, mit haut und haar.
wenn die masken die regie übernehmen, ist das nicht mehr meine welt.
gruß
bon.
wenn die masken die regie übernehmen, ist das nicht mehr meine welt.
gruß
bon.
virago - 13.10.2007 18:44
Masken
"man muß halt aufpassen, dass man mit den masken nicht zu sehr verwächst."
Stimmt, dann tut es nämlich weh, wenn man sie mal abnehmen will. Zumindest fühlt man sich ungeschützt.
Es gab eine Zeit, da schminkte ich mich täglich. Ungeschminkt kam ich mir dann richtiggehend nackt vor.
Liegt schon sehr viele Jahre zurück. Seltsam, heute daran zu denken, dass das mal so war.
Stimmt, dann tut es nämlich weh, wenn man sie mal abnehmen will. Zumindest fühlt man sich ungeschützt.
Es gab eine Zeit, da schminkte ich mich täglich. Ungeschminkt kam ich mir dann richtiggehend nackt vor.
Liegt schon sehr viele Jahre zurück. Seltsam, heute daran zu denken, dass das mal so war.
Freie Assoziationen
Meine Mutter warf einmal meinen Lieblingsteddy weg, weil er ein Loch hatte und überall die Sägespäne verstreute, mit denen er gefüllt war. Angeblich soll ich zugestimmt haben. Mag sein, dass das stimmte.
Ich bin auch schon ein großes Kind. Heute lass ich mich von niemandem mehr überlisten. Meinen Teddy nimmt mir keiner weg, nein!
:)
Liebe assoziative Grüße
virago/Mel
Überhaupt das Beste
Ich habe gelernt, selbst überflüssiges wegzuschmeißen, mich von Dingen (und Menschen) zu trennen; und ich lernte, wie ich für mich am Besten Ordnung halte.
Den Ordentlichkeits- und Sauberkeitsstandard meiner Eltern werde und will ich nie erfüllen. Dann und wann hocken sie noch als moralische Keule in meinem Denken und Fühlen und wollen mir meine legere Lebenseinstellung vermiesen; na gut, das kriege ich wohl nicht mehr weg - hauptsache sie stehen nicht vor der Tür.
(Liebe Eltern, verzeiht.)
bon.
Ich nicht.
Allerdings kann ich meine Mutter irgendwie verstehen. Ich mag es auch nicht besonders, wenn mein Hund den Körperinhalt seiner Stofftiere in der ganzen Wohnung verteilt. Sein und mein Ordnungssinn unterscheiden sich da ein wenig.