Bleibtreu
ich kotzte mir die Seele aus dem Leib
vor der Zugfahrt nach Köln
auf Bahnsteig 3 holte ich sie ab
um den Dom herum
in die Altstadt
ihre Augen waren freundlich
und ich trank mein erstes Sion Kölsch
ohne dass mein Magen kollabierte
sie kaufte sich einen schwarzen Pulli, weil
sie fror
in einem Irish Pub gewannen wir Nähe
und entspannten uns
inzwischen war ich auf Königs Pilsner umgestiegen
Adler
hieß lapidar das Hotel
und der Portier war ein Kölner Unikat
ich war da, und sie war da
und wir entwickelten Nähe
wir tauchten ineinander ein
wir machten einen Altstadtbummel
fast jede Kneipe war rammelvoll
Sonnabend, wir berührten und küssten uns
alles, die Menschen, die ganze Welt schien
uns wohlgesonnen
eine Blascombo von schmerbäuchigen Fuffzigern
machte Laune
ich denke, ich war verliebt in dieser Nacht
und unsere Liebe war ganz danach
sie bettelte nach mehr
am nächsten Morgen
frühstückten wir am Rheinufer
wir hatten uns und hatten uns nicht
der Strom floß in seinen Ufern
der Dom überragte schwarz die Stadt
wir mussten wieder eintauchen in das Ameisengewühl
Bahnsteig 11
Moritz Bleibtreu lief an uns vorbei, als wir knutschten
als wäre er ein Synonym für eine
gespenstische Liebe
27.09.2004 03:48 von bonanza
bonanzaMARGOT - 05.05.2008 18:36