trampin`




Ich schalte den Ventilator an
und lege Patti Smith auf den Plattenteller
beziehungsweise
ich schiebe ihre CD in den Computer
nun werde ich von Innen und von
Außen
verstrubbelt

Ich stelle mir vor, dass ich auf dem Balkon liege
und in den Himmel schaue
nanana naaa ...
überwätligt von dem Raum
und der flutenden Melodie
nanana naaa ...
der Rockmusik

Ich stelle mir vor, ich liege an der Brust einer Frau
und rieche sie
ganz nah
höre ihren Herzschlag
höre ihren Atem
ganz nah

Ich stelle mir vor, dass ich der glücklichste Mensch
auf der Welt bin
immer schon war
trotz allem Schmerz, trotz aller Wut
trotz der Verzweiflung zu leben
immer schon war

Ich gehe in den Tag - wie immer
und drehe mich auf der Töpferscheibe des Alltags
beziehungsweise
ich bin gefangen in meinem Karussell
in meinem Computer
nun werde ich von Innen und von
Außen
verstrubbelt

Ich stelle mir vor, dass die Rosen vor meiner Tür
zu mir sprechen
nanana naaa ...
und niemals aufhören zu sprechen
niemals aufhören
nanana naaa ...




(14.06.08)

Meral (Gast) - 15.06.2008 20:46

Wieder ein schönes Gedicht.

Aber ich würde "computer, cd. u.a. nicht schreiben.

Lieben Gruss.

bonanzaMARGOT - 16.06.2008 10:59

hi meral,

ich weiß, diese hightech-ausdrücke stören etwas die stimmung; aber sie gehören in das heutige, authentische erleben.
ich mag diese dissonanzen nicht ausblenden.

bon.
rinpotsche - 16.06.2008 10:28

Ich hänge an dem Satz fest "ich stelle mir vor, dass ich der glücklichste Mensch auf der Welt bin".
Das ist für mich wie sich vorzustellen satt zu sein, wenn ich Hunger habe, oder zu frieren, wenn ich schwitze.
Ein Anachronismus für mich. Da können eher die Rosen anfangen zu reden.

bonanzaMARGOT - 16.06.2008 10:56

richtig,

ich stelle es mir vor, weil ich mit dem glück hadere. es geht um das glück zu leben und zu lieben. oft vergessen wir menschen dieses glück, und wir müssen (oder wir müssen nicht) es uns in erinnerung rufen. in dem gedicht ist es also kein anachronismus sondern folgerichtig.
"ich stelle mir vor, dass ich schon immer der glücklichste mensch war", schreibe ich gleich darunter. diese aussage ist natürlich subjektiv überhöht - wie liebende sich als glücklichste menschen sehen - wenn wir das leben lieben, wenn wir uns daran erinnern, wie sehr wir doch das leben lieben, dann sind wir die glücklichsten menschen ... und waren es immer.
in dem gedicht schreibe ich über die ambivalenz von schwermut und dem gewahr werden von leben und liebe ... einsamkeit und sehnsucht, vergänglichkeit und lust auf zukunft ...
die rosen stehen als bild für die hoffnung und für die liebe vor meiner tür.

bon.
rinpotsche - 16.06.2008 12:11

hmm, muss überlegen. Könnte ein bisschen dauern, weil ich es liebe zu überlegen, aber gerade keine Zeit dafür nehmen kann.
Ich komme wieder!
bonanzaMARGOT - 16.06.2008 12:29

um etwas deinen überlegungen beizusteuern:

warum siehst du in meinem vers "ich stelle mir vor, dass ich der glücklichste mensch auf der welt bin" einen anachronismus? ich schlug jetzt mal nach, was anachronismus bedeutet ... ich war mir nämlich nicht ganz sicher ... und da las ich, dass etwas anachronistisch ist, wenn es der falschen zeit zugeordnet wird - also z.b. ein römer, der eine armbanduhr trägt.
ich kann aber weder "chronisches" noch "anachronisches" in diesem vers entdecken.
rinpotsche - 16.06.2008 14:42

Gruß von Anna Chronismus

Nunja, das war für mich die einzige momentan zur Verfügung stehende Bezeichnung für etwas, das nicht zueinander passt. Hatte mir noch überlegt, ob ich es paradox nennen soll. Falls Du weißt, wie das richtige Wort dafür lautet, wenn es überhaupt eins gibt, sags mir. Aber eigentlich will ich auch gar nicht weiter rumstochern, sonst mutiert das Ganze viel weiter ins Sonderbare, was es gar nicht ist.
Vermutlich ist es einfach so, dass rinpotsche manchmal falsche Wörter zum richtigen Zeitpunkt und umgekehrt verwendet.
Soll ich jetzt überhaupt noch weiter überlegen?
bonanzaMARGOT - 16.06.2008 14:57

also, wenn das gedicht dich

sowieso nur wegen des "anachronismus" reizte, dann brauchst du dir keinen mehr abzubrechen.
"ich stelle mir vor, dass ich der glücklichste mensch auf der welt bin;
ich stelle mir vor, dass ich schon immer der glücklichste mensch auf der welt war ..."
hier lösen sich zeit und raum in einer überlegung (in einem gefühl) auf - vielleicht bin ich ja glücklich, ohne dass ich etwas davon weiß - das wäre dann ein paradoxon ... oder besser absurd.
nun, glück an sich ist eine absurdität.
es kann sich niemals auf ein ganzes leben beziehen. lediglich in der vorstellung oder in der erinnerung können wir z.b. sagen: "ja, ich führte ein glückliches leben".

in meinem gedicht stelle ich mir das glückliche leben vor - dass es einfach schon genügend glück bedeutet, da zu sein - ich versuche mich damit münchausen-like aus dem sumpf zu ziehen ...
rinpotsche - 16.06.2008 16:07

Reizend

nehm ich mal nicht ernst. Genau das meinte ich mit der Tiefenmutation, wenn an der Anna C. zu lange rumgedoktert wird.

Ich überlege weiter bei der Arbeit...
bonanzaMARGOT - 16.06.2008 16:31

schönen

arbeitstag noch.

gruß
bon.
rinpotsche (Gast) - 17.06.2008 22:47

Genug gegrübelt.
Dein Gedicht hat mich traurig gemacht. Das ist die eigentliche Aussage. Alles andere ist Wichtigtuerei von mir!
Ich verstehe die Gefühle nicht, die Liebe hervorrufen, es ist einfach ein luftleerer Raum für mich. Mein Genuss beim Lesen Deiner Texte ist die spannende Fremdartigkeit wie eine unbekannte Kultur, die es zu erforschen gilt.
Vielleicht geh ich heute Abend in den Keller, wo meine Patti Smith Vinyle lagern, und versuche, Deine Gefühle dabei mit aufzulegen.
Bis die Tage
bonanzaMARGOT - 18.06.2008 17:05

Ich dachte nicht,

dass ich mit meinen Gedichten das Gefühl der Fremdartigkeit auslösen könnte.
Liebe ist selbst ein Gefühl - hat sicher etwas mit der Akzeptanz des Lebens zu tun und auch dem Lebenskampf. Liebe ist der positive Kleber zur Außenwelt. Ich empfinde nicht immer Liebe, aber ich glaube, dass ich sie ständig oder zumindest oft suche.
In der Liebe sehe ich einen Antrieb weiterzumachen, nicht aufzugeben. Und die Liebe ist mir ein Gegengewicht zu meinem Verstand, der mir zwar hilft, die Fragen des Lebens zu erörtern, mir aber weder Wärme noch Verständnis bringt.
Ohne Liebe würden mich die Ängste auffressen. Liebe bedeutet darum auch Vertrauen ...
Ich kann dir nicht sagen, woher man dieses Vertrauen nehmen soll. Es ist einfach da, wenn man liebt. (Und manchmal ist es weg, als wäre die Liebe nur ein Fake.)

Sei bitte nicht traurig, rinpotsche. Ich bin sicher, dass du auf irgendeine Weise Ähnliches spürst. Leben und Liebe sind wie Mutter und Kind - untrennbar, leider dann und wann zerstritten.

Patti Smith macht tolle progressive Rockmusik mit lyrischen, kritischen, sehr guten Texten. Ich entdeckte sie vor Kurzem mal wieder.

Gruß
bon.
liter-A-rchie - 18.06.2008 23:30

Traurig? Weiß nicht. Das Gedicht spricht von Einsamkeit. Aber auch von Fantasie. Und damit von einem Schlüssel, um die Einsamkeit zu überwinden. Wer Fantasie hat, kann auch mal allein sein, es macht nichts. Die Welt ist im Kopf.

/edit: Ups, tschuldige, bin grad mit dem "falschen" Account eingeloggt, aber ich lass es jetzt. Du weißt ja eh wer's ist :)

LG virago

bonanzaMARGOT - 19.06.2008 13:16

ja, das ist auch

ein aspekt des gedichts. danke virago.

prosaGEDICHTE

... die Nacht ist gut für die Tinte, der Tag druckt die Seiten ...

Aktuelle Beiträge

Inhaltsverzeichnis: Texte...
bonanzaMARGOT - 21.09.2019 13:20
Mein Leben ist viele...
bonanzaMARGOT - 21.09.2019 13:17
Pech gehabt
bonanzaMARGOT - 21.06.2019 16:16
Schluckende Augen
bonanzaMARGOT - 12.05.2019 07:54
Am Küchenfenster
bonanzaMARGOT - 03.03.2019 13:33
danke für deine antwort,...
danke für deine antwort, karen!
bonanzaMARGOT - 2019-03-02 14:00
Ein paar sehr gelungene...
Ein paar sehr gelungene Gedanken zu Papier gebracht! Gruß KarenS
Luna48 - 2019-03-01 12:55
Der Tag wird kommen
bonanzaMARGOT - 01.03.2019 09:55
danke.
danke.
bonanzaMARGOT - 2019-01-04 05:04
Mir gehts ähnlich, ich...
Mir gehts ähnlich, ich mag dies Gedicht. Ich "lausche"...
rosenherz - 2019-01-03 20:52

Du bist ...

... nicht angemeldet.

Weblog durchsuchen

 

bonanzamargot (boma) hörbar + + + + + Von Nachtwachen und dicken Titten (bonanzaMARGOT)

SummaSummarum


... 2009
"""""ab 2014"""""
""""2013""""
"""2012"""
""2011""
"2010"
2007, 2008
Allgemeine Betrachtungen
bonanzamargot hörbar
Brasko Stories
Leben, Einsamkeit und Alltag
Liebe und Erotik
Orte
Science Fiction
Surreales, Träume
Tod
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
www.gratis-kontaktformular.de/