Alle für Keinen
Ich blute aus in diesem Leben,
zu lang für einen Dichter,
nicht lang genug für einen Sprücheklopfer.
Dabei wär`s so schön, ein Held zu sein,
ein Held mit Degen und Umhang,
und nach dem sechsten Bier bin ich mindestens
ein halber;
hüpfe wie Rumpelstilzchen durch die Gegend und
bilde mir ein, Billard wie der liebe Gott
zu spielen;
auch beim Würfelspiel, ein Chicago nach dem anderen
zu würfeln.
Nebenbei trinke ich jeden unter die Theke.
Das wäre ja gelacht!
Und wenn ich mal verliere, bin ich natürlich ein guter Verlierer,
beglückwünsche den Sieger und fordere
Revanche.
Ich wäre so gern ein Held mit Degen und Umhang.
Meiner Freundin fiele die Kinnlade herunter, wenn sie mich
mit dem Billardstock fechten sähe:
Zack! Zack! Zack!
Danach glücklich stöhnend dem Gegner in die Arme gesunken.
Prost!
"We Are The Champions!" lallen wir Gottvergessenen
und stieren auf die Uhr, die bereits
kurz vor Mitternacht anzeigt.
Unsere Waffen liegen überkreuz auf dem Billardtisch.
Ich suche nach meinem Umhang - "Wo ist meine Jacke?"
lalle ich, "wo ist meine Freundin, verdammt?!
Wo kommt der Nebel her?
Marianne, mach` mir noch`n Drink ...
den letzten."
Irgendwo zwischendrin, zwischen Dichter und Sprücheklopfer,
muss ich mich wohl ansiedeln.
Vor kurzem sagte Uschi, meine Freundin, sie wäre mit einem Dichter
zusammen; und ich ergänzte:
"Mit einem Dichter, der immer dichter wird, haha!"
(1993)
bonanzaMARGOT - 21.11.2008 15:02