Das Leben ist keine Treppe




Das Leben ist keine Treppe.
Du kannst einfach sitzen bleiben,
was nicht so einfach ist, wie es
sich anhört.
Sie rennen an dir vorbei,
ihre Treppe hoch;
du machst dich schon klein, aber sie
rempeln dich trotzdem an.
Einige wollen dich sogar mitziehen
- mit ihren Worten:
"Ralph, mach was ... du kannst doch
hier nicht sitzen bleiben ..."
"Warum?", frage
ich.
Sie schauen mitleidig oder
ungläubig
und enteilen,
immer ihre Treppe hoch.
Ich komme mir ziemlich dämlich vor,
aber mitrennen will ich
auch nicht,
nicht die Bohne.

Damals auf dem Rummelplatz
fand ich schnell heraus, dass ich
am Besten auf den Stufen zur Festhalle
sitzen blieb.
Sie kamen irgendwann alle an
mir vorbei,
wieder und wieder.
Ich verstand sie immer weniger
und fing an zu trinken,
bis mir schwindelig wurde.
So sparte ich mir außerdem das Geld für
die Fahrgeschäfte,
nur Autoscooter reizte mich manchmal.
Das Leben ist keine Treppe,
aber sag das mal der Welt dadraußen:
immer höher, immer weiter,
und im Kreis herum.
"Ralph, du sitzt ja noch immer hier ..."
"Klar, hab` ich doch gesagt ... willste auch
einen Schluck?"
"Komm doch mit zum Riesenrad!"
"Null Bock - danke, mir ist
schon schlecht."
"Bis dann mal wieder."
"Okay, tschüss, viel Spaß!"

Heute frage ich mich, warum ich
einfach sitzen blieb.
Nicht, dass ich unglücklich wäre, aber
- wie ihr euch bestimmt schon gedacht habt -
irgendwie bringt`s das auch nicht.
Glauben tu ich immer noch nicht, dass
das Leben eine Treppe ist.
Es sieht nur so aus.
Wie in den Bildern von Escher.

...
11.02.2009


Escher_Relativity

iwillbe - 11.02.2009 16:50

das leben ist keine treppe, kein fahrstuhl und kein ponyhof, sondern das was man draus macht... aber n guter parkplatz ist es denk ich nicht... könnte auf dauer kalt werden am po.

bonanzaMARGOT - 11.02.2009 16:59

stimmt, kann ziemlich kalt werden am hinterteil - und auch anderswo.
fürs parken hat man parkplätze erfunden. es ist ja heute so, dass man bereits verscheucht wird, wenn man sich wo auf den bürgersteig setzt - irgendwie finden das die leute asozial und unanständig.
wieso eigentlich?
iwillbe - 12.02.2009 09:40

das ist der neid derer die sich keinen moment des müßiggangs erlauben, weil sie glauben sich das nicht leisten zu können. hängt aber glaub ich auch von der optik der sitzenden ab, wie darauf reagiert wird. jemand in anzug, schlips und kravatte wird wahrscheinlich eher unter performanceverdacht gestellt, als dass man ihm nutzloses rumlungern vorwerfen würde...

(ein tip am rande: in spanien sollte man sich niemals dazu hinreißen lassen sich mit seinem allerwertesten auf dem fußboden einer diskothek niederzulassen... das kann böse und schmerzhaft enden)
bonanzaMARGOT - 12.02.2009 17:01

wieso? schon mal ausprobiert in spanien?
ich gehe nicht in discotheken, und in spanien schon gar nicht - ist überhaupt schon (zu) lange her, dass ich im süden war.

ich finde, dass unsere innenstädte zu bloßen konsumtempeln in den letzten jahrzehnten verkamen. da sind individuen, die sich spontan eine oase der gemütlichkeit und geselligkeit schaffen, nicht erwünscht. vorallem die geschäftsleute mögen das nicht: sie wollen eine saubere innenstadt ohne "gesindel" - die leute sollen gefälligst brav einkaufen und brav in den cafés und restaurants trinken und essen.
als ich in den achtzigern unterwegs war, fing es langsam damit an, dass sie die straßenmusiker verscheuchten. aber eine zeit lang saßen noch ganze gruppen junger leute in der fußgängerzone zusammen, hatten spaß, machten musik, tranken, knutschten ...; und wir fanden das ganz normal. für die kneipen hatten wir außerdem kein geld. in die stadt trampten wir. siehst du heute noch tramper an ortsausgängen stehen? kaum noch, oder?
die scheiß spießer und kapitalisten haben gewonnen. heute sind andere sachen gefragt, um cool zu sein.
die jungen leute, die heute anders sein wollen, werden regelrecht an den rand der gesellschaft gedrängt - wo sie dann leider wirklich im sumpf landen.
iwillbe - 12.02.2009 19:16

ja das war vor jahren mal im urlaub in irgendsoeiner ferienanlage mit eigener diskothek in die aber auch andere leute durften... auf jedenfall wurde man nicht zweimal gebeten aufzustehen sondern beim zweiten mal direkt brutal aus den räumlichkeiten entfernt... obwohl wir uns das zweite mal an eine stelle gesetzt hatten wo es wirklich niemanden behindert hätte... naja... (damals wollte ich auch noch gerne anders sein)

als ich in den achzigern unterwegs war bin ich noch gekrabbelt...
heutzutage gibt es extra einrichtungen in denen straßenmusiker sich eine lizenz zum musizieren holen müssen, um zu verhindern, dass der einkaufsmarathon durch schiefe töne verdorben wird...
oder es soll verboten werden, dass auf offener straße alkohol konsumiert wird, weil sonst parks als treffpunkt genutzt werden würden... hauptsache alles wird von oben diktiert und geregelt...
allerdings ist das anders sein wolln heutzutage ja gerade die mode, so dass anders sein eigentlich garnicht mehr möglich ist... ist ohnehin ein merkwürdiges ziel... anders sein... sich abgrenzen... das fördert seltsamerweise am ende den gruppenzwang... ich finde man kann ruhig spießig und kapitalistisch sein... solange es nicht auf kosten anderer passiert und solange man nicht vergisst sich ab und zu mal hinzusetzen und zurückzugucken.
bonanzaMARGOT - 12.02.2009 19:44

iwillbe, ich toleriere auch die spießer und kapitalisten - sie gehören nunmal zu unserer welt, aber sie haben für meinen geschmack zu viel raum in der kultur/gesellschaft eingenommen.
es liegt vielleicht daran, dass ich mich (wenn ich mich anstrenge) noch an andere zeiten erinnern kann. es geht nicht um das anders sein als modeerscheinung - sondern um das anders sein in der kritischen auseinandersetzung mit den herrschenden klassen, dem eigenen leben und dem mainstream. ich fühle die heutige zeit zu sehr vom konsum als verblödungsmaschinerie unterminiert. den kids und jungen leuten mache ich keinen vorwurf. sie sind spätestens in den achtzigern in diesen absoluten wahnsinn des wohlstands und des bedingungslosen konsums hinein geboren worden. es gab zu wenig reibungspunkte, um sich davon richtig und entscheidend zu distanzieren. die grüne bewegung war so ziemlich das letzte, was in diese richtung ging ...
wo findest du heute noch wahrhaftigen idealismus? man wird dann schnell als spinner und utopist abgetan. diese leute vergessen aber, dass eine welt/gesellschaft/kultur ohne nennenswerte ideale langsam aber sicher vor die hunde geht.
iwillbe - 12.02.2009 20:41

aber wir haben doch ideale, das sieht man schon wenn man schüler fragt was sie mal werden wollen: arbeitslos einfach so rumhängen.. nichts tun... oh ne! MEGASTAR! so rischtisch viel kohle haben... das wär cool!

das ist genau das was man im fernsehen zu sehen bekommt, wenn man die falschen sender (über die aber ja jeder spricht und die man deshalb sehen muss...) sieht... aber wenn man den ganzen tag nur fern sieht kann man auch garnichts anderes ertragen als diese volksverdummung...
nachdem ich die letzten 3 jahre nicht ferngesehen habe und nun dummerweise in eine wohnung mit kabelanschluss gezogen bin, bin ich mit der faszination des entsetzens in den rtlsumpf geschliddert und kann nun viele beobachtungen der letzten zeit einer quelle zuschreiben, was die sache nicht besser macht.
das perfide daran ist, dass sie angefangen haben die dummheit, die sie selbst mit verschuldet haben, nun vor die kamera stellen ...
ich glaube es mangelt weniger an idealisten als vielmehr daran, dass es den leuten scheißegal ist ob die welt zugrunde geht oder nicht, solange sie sich das ganze mit chips und bier im fernsehen ansehen können.
was wir eigentlich brauchen ist einen jahrelangen stromausfall, damit wir mal wieder zeit haben uns die welt wirklich aus der nähe anzusehen.
(hat das mit treppen jetzt noch was zu tun?)

Nachtrag:
gerade wurde auf pro sieben ein mädchen gezwungen einen fremden mann zu küssen, weil man das in der werbung erwartet... (soviel zum thema werte... man muss OFFEN sein...tz)
bonanzaMARGOT - 13.02.2009 18:37

das fernsehen in der heutigen ausprägung und verflachung hat bestimmt großen anteil an der verblödungsmaschinerie.
selbstkritisch muß ich zugeben, dass ich viel zu viel fern sehe. dabei wäre lesen stattdessen fruchtbarer und auch gesünder für die psyche. es ist so furchtbar leicht, ein fernseh-junkie zu werden.
diese verteufelte bequemlichkeit, sich berieseln zu lassen!
gut, dass nicht nur beknackte sachen über den bildschirm flimmern.
wenn ich mir überlege, dass sehr viele menschen in diesem medien-wahnsinn groß werden ...
da stellt sich mir auch die frage, wie sehr wir über das fernsehen manipuliert werden. ab und zu eine fernsehabstinent ist wichtig, wie du es drei jahre durchhieltst, iwillbe, - finde ich klasse. deine gedanken dazu wären vielleicht eine gute anregung für ein gedicht mit dem titel "das leben ist (k)ein fernsehsessel".
LadylikeKandis - 12.02.2009 17:35

meinst du das leben ist eine optische täuschung?
oder eine illusion? ganz davon abgesehen finde ich es gar nicht so schecht, dass du sitzengeblieben bist und die anderen hast immer wieder an die vorbei ziehen lassen. warum eigentlich nicht...

sei lieb gegrüsst
kandis

bonanzaMARGOT - 12.02.2009 17:48

hallo!
eine täuschung in gewisser weise schon ... illusionen sind teil der täuschung ... ich glaube, dass der mensch in dem wahn lebt, er müsse ständig kämpfen und machen und tun und weiter kommen. dabei ist sein ehrgeiz viel zu sehr nach außen gerichtet, wodurch sich rivalisierende gruppen gegenseitig einengen und schließlich bekriegen. der mensch sollte sich mehr in gelassenheit üben. das leben ist durch kranhkheiten und schicksalsschläge schon schwer genug. wir werden alt und laufen die treppen nach oben, nach unten und im kreis, ohne wirklich irgendwo anzukommen - außer im alter und im siechtum ...
natürlich bewege auch ich mich auf einer art treppe, aber gemessen an dem tempo der welt um mich herum sitze ich relativ still - nachsinnend, träumend ... tagträumend ...; und oft schüttele ich den kopf, weil ich die welt um mich herum nicht verstehe, mich frage: was treibt diese menschen um?

lieben gruß zurück
bon.
LadylikeKandis - 12.02.2009 17:53

eigentlich geht es mir ähnlich wie dir!

und doch klappt das mit der gelassenheit immer besser, denn wenn wir eines doch nicht aufhalten können, und wenn etwas ganz sicher ist, dass es eintreffen wird, dann ist das am ende zu einer unbestimmten zeit das sterben. ;-))

ich glaube, das ist es, was viele verdrängen und in ihrem übermässigen und vollgestopften leben einfach nicht wahrhaben wollen..
bonanzaMARGOT - 12.02.2009 18:20

sie denken, umso mehr sie ihr leben mit aktivismus, geld, karriere und zielen vollstopfen, desto wertvoller wäre es, desto zufriedener müssten sie am ende sein. ich bezweifle das.
die menschen denken in kategorien wie: dies muss ich erreichen, und das will ich auch noch ..., ansonsten kann ich nicht glücklich sein. und so geht es immer weiter. klar, ich hadere manchmal auch mit meinem leben - viel erreichte ich nicht gerade (lach!) - aber solche gedanken jucken mich nur kurz.
was mich wirklich nervt -, dass sich karrieristen, streber und machtgeile dazu auserkoren sehen, über ihre mitmenschen zu bestimmen ... man kommt also um den kampf nicht wirklich drumrum - denn solchen arschlöchern muß man immer mal wieder die stirn bieten. die gibt`s überall: in der familie, im beruf, auf dem arbeitsamt, im bekanntenkreis ...
die kunst ist es, sich da irgendwie durchzuwursteln, sich seine insel/oase zu bewahren ... nicht zum misanthropen zu werden ... und sich selbst nicht zu hassen.
Marlies (Gast) - 24.03.2010 12:58

Dienst

egal was du machst
und wenn du auch noch so aufpasst
solltest du eigentlich wissen
dass du immer hast einen auf dem Gewissen
weil es gar nicht anders geht
als dass du irgend jemanden zu Diensten stehst
so nimmst du dich allenthalben
mal selbst aufs Korn
und fängst wieder an von vorn
wo der eine fragt,wie es darum steht
der andere über Leichen geht

bonanzaMARGOT - 24.03.2010 13:24

etwas rätselhaft

dein gedicht, marlies.
entschuldige, dass ich momentan nicht draus schlau werde.

man kann nur sich selbst dienen. viele dienste sind dabei sogenannte bärendienste.
es ist wahr, dass wir alle in unserem leben schuldig werden.
wir verflechten uns in schuld, weil die distanz zum kern des lebens wächst, weil wir die meiste zeit im leben oberflächlichen geschichten nachjagen.
so ist die natur. wir sind natur. wir sind erbeben. wir sind blüte. wir sind sturm, und wir sind laue sommernacht.
wir kehren manchmal zurück zum kern. wir vergießen tränen darum. wir werden demütig. wir schwören besserung. wir liegen uns in den armen ...
wir sind eins. aber nur wenige unter uns finden die gelassenheit der weisheit.
ach, was soll`s.

wie kommst du hierher?
SehnsuchtistmeineFarbe - 24.03.2010 13:02

vielleicht war es bequemlichkeit,

die dich an dem platz hielt. oder ziellosigkeit? vielleicht warst du aber einfach des "herumlaufens" müde?

lg
s.

bonanzaMARGOT - 24.03.2010 13:29

hi sehnsucht, - ich bin ein rationaler mensch. ich suche die logik hinter allem.

ich verstehe einfach diesen ganzen unsinn nicht. darum setze ich mich nieder, schaue mir an, wie die karawanen an mir vorüber ziehen, und mache mir so meine gedanken.

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