Gedanken aus dem Sessel (3)




Das muss ja komisch werden, wenn wir
über uns schreiben - weil wir auf der einen Seite
unsere Taten beschönigen, um auf der anderen Seite
die Beschönigungen wieder abzuschwächen.

Das Innerste von uns ist aus ganz dünnem Glas.

Das miteinander friedliche Umgehen erfordert sehr hohes Geschick,
wie etwa das Balancieren auf einem Drahtseil.

In mir bin ich unerreichbar, und das
bedeutet wohl
Leben,
Leben und Tod.

Wenn ich trinke, ist`s, als würde ich mit einer anderen Region meines Hirns denken.

Zwischen dem, was du sagst und dem, was du tust ...
das muss sich näher kommen.

Der Tod ist ein netter Kerl, und er hat`s gar nicht so drauf, wie
viele denken.

Unwissend zu bleiben ist keine Schande, sondern eine Notwendigkeit.

Als ich sie so angeschaut habe, wollte ich ihr sagen, dass man die Anderen
getrost zum Teufel wünschen kann, auch ohne sich
umzubringen.

Mein Gott, was bin ich für eine komisch aus-
gestellte Person:
die ganzen Extremitäten,
und was ich nicht sehe, meist nur fühle, wenn ich auf`s Klo gehe.

Manchmal denke ich, ich hätte genug vom Leben gesammelt, um damit hausieren zu gehen.

Ich bin ein Automat,
ich bin wirklich ein Automat.

Jeden Tag ein neues Universum, eine neue Vergangenheit, eine neue
Zukunft, ein neues Herz - und alles so unauffällig, dass du`s gar nicht mitbekommst.

...



Eines Tages blieb ich so lange sitzen, dass ich ganz bedeckt war von Staub und Spinnenhuddeln. In meinem Zimmer sah es nicht anders aus als sonst. So würden sie mich also finden: die Telefonrechnungen ungeöffnet in der Ablage, und Pizzaschachteln auf dem Papierkorb gestapelt. Die Sonne schien zum Fenster rein auf all das, was um mich herum lag. Ich hatte es freilich nicht geschafft, Licht ins Dunkel meines Daseins zu bringen. Ich fühlte mich wie der Verlierer eines verrückten Glücksspiels. Vorbei der Traum. Eines Tages war mein Einsatz verspielt. Es war ganz egal, dass ich zwischendurch auch mal gewonnen hatte. Zuletzt dachte ich, dass ich mir das alles hätte sparen können. Ich war wirklich frustriert wegen der Sinnlosigkeit. Dabei war ich nicht unglücklich - sondern einfach genervt und müde. Warum habe ich das mit mir machen lassen?
Vielleicht war es diese sphärische Musik, die ich nicht über die Ohren hörte, aber es war ganz deutlich Musik, "die Musik". Die Sinneseindrücke waren nicht mehr voneinander getrennt, und was ich wahrzunehmen glaubte, war nicht mehr die gegenständliche Welt. Die Farben waren keine benennbaren Farben. Die Dinge besaßen keine festen, gewohnten Formen - sie waren seltsam amorph. Es gab keine Zeit.
Nach der X-ten Flasche Bier fällt mir allerlei ein. Dabei sitze ich mitten in der Illusionsscheiße, und eigentlich habe ich noch gar nicht verspielt - bin noch ganz und gar Fleisch und Blut. Und ich geb`s mir Tag für Tag. Bis zum letzten.




(10.09.2000)

LadylikeKandis - 24.03.2009 15:39

ähnliche gedanken hatte ich auch schon oft, weniger im sessel, vielmehr unter der dusche oder im auto beim fahren...in der zeit hätte ich sie auch so wie du aufschreiben sollen, aber in der zeit, als diese gedanken so sehr in mir waren, war die depression zu gross, als dass ich derart gut geschrieben hätte...

lg lady

bonanzaMARGOT - 24.03.2009 15:56

danke lady. ich glaube, dass wir menschen nur an der oberfläche sehr variieren.
LadylikeKandis - 24.03.2009 15:58

ja, scheint so..
bonanzaMARGOT - 24.03.2009 16:32

oben sind die masken.
wir brauchen sie. dummerweise scheinen einige menschen nur aus maske zu bestehen.
LadylikeKandis - 24.03.2009 17:29

aber auch diese menschen sind dadurch nicht wirklich glücklicher;-)
bonanzaMARGOT - 24.03.2009 17:38

wie glücklich man sich fühlt, ist sowieso eine subjektive angelegenheit.
im zusammenleben kann es eigentlich nur darum gehen, wie glücklich/unglücklich wir aufeinander einwirken.

die maskenmenschen zwingen andere in ihre masken. aber selten, um sie glücklich zu machen. meistens nur, um sie für ihr eigenes wahnhaftes glück zu benutzen.

ich schwimme.
wir müssen alle schwimmen lernen. es gibt niemanden, der uns das leben abnimmt.
LadylikeKandis - 24.03.2009 18:08

ich tauche leider zu oft unter....und mag das nicht, weil ich dann durch den wasserdruck nicht richtig hören kann und das atmen geht dann auch so gar nicht....schwimmen kann ich, nur leider fehlt mir diese verdammte ausdauer- was bedeutet, dass mich hin und wieder die kräfte verlassen und ich mich für eine zeit nur treiben lassen kann, um nicht dauerhaft unterzugehen..
bonanzaMARGOT - 24.03.2009 18:52

Du hast recht ... Mich verlässt auch manchmal-oft die Kraft. Aber dann bin ich über mich selbst erstaunt, wie viele Kraftreserven in mir schlummern, und zu was ich fähig bin, wenn mich Jemand/Etwas wach rüttelt.

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