der muff




der muff tritt spätestens nach dem 2., 3. tag
freizeit auf. er trifft mich als alleinstehenden
mit den symptomen langeweile, entscheidungs-
trägheit, freß- und sauflust, schwerfälligkeit,
katerstimmung, chronische müdigkeit ...
gerade jetzt spüre ich den muff in meinem
bauch wie eine bleikugel, die mich in den
sessel drückt. meine inneren organe kriegen
platzangst, drum trinke ich zu ihrer erfrisch-
ung ein kaltes bier.
der muff hat viele gesichter: der muff ist die
unterhose mit der schleifspur, die wasserfleck-
en in der spüle, der zahnpastabesprenkelte
spiegel, der muff ist der geruch der toilette,
die laute musik der nachbarn, die zahlungs-
aufforderungen im briefkasten, der muff ist
der kontoauszug und die speisekarte in der
pizzeria, der muff ist die arroganz der be-
dienung im kaffeehaus, der muff ist die
autobahn, an der der fahrradweg endet,
der muff ist, spargelstechern bei der arbeit
zusehen, der muff ist ein fußballspiel, in
dem keine tore fallen, der muff ist das war-
ten auf die lohnerhöhung, der muff ist die
angst vor den krankheiten, die man kriegen
könnte, der muff ist ein verstopftes klosett,
ein füller, dem die tinte ausgeht, ein samstag-
nachmittag ohne plan, ein fernsehprogramm
ohne sinn und verstand, der muff ist der
sprung in der platte, das schmutzige fenster
im sonnenlicht, das versagen des casetten-
decks kurz vor einer aufnahme, die bier-
rechnung in der kneipe, ein spätdienst im
altenheim, der muff ist meine fettleber, der
muff ist eine unruhige nacht, der kampf mit
der bettdecke, der muff ist das masturbieren
vor dem aufstehen, der muff ist das unendliche
universum, von dem keiner einen schimmer
hat, der muff ist der tägliche abfall, der muff
ist eine vergangene liebe wiedertreffen, der
muff ist das schweigsame warten an der bus-
haltestelle, der muff ist der supermarkt, und
dass ich mehr einkaufe, als ich verdauen kann,
der muff ist ein alter freund, der mich durchs
leben begleitet, er sitzt mir manchmal gehörig
auf der pelle –
ich bring`s gerade noch bis zum kühlschrank.
eine kalte dose bier, und der tag geht in die
2. runde. ich hab` noch was vor heute, und
der muff geht mit.
der muff macht sich an allen dingen fest,
die wir tagein tagaus mit leichtem unbeha-
gen in kauf nehmen, wie zb das nachtröppeln
in die unterhose nach dem pinkeln oder der
entzündete mitesser am kinn. in der regel
leben wir mit diesen unangenehmen rander-
scheinungen in frieden. wir lernen, damit
umzugehen. wir würden ansonsten verzwei-
feln. ein eingewachsener fußnagel würde uns
sonst aus der fassung bringen und das ständige
jucken hinterm ohr um den verstand.
der muff ist wie eine klette, eine ranke, die
uns umfängt, ein schmarotzer auf der haut
unseres lebenslaufs, und wenn er sich zu
sehr ausbreitet, erstickt er uns.
bei allen muffs, das sollte kein mensch auf
die leichte schulter nehmen! ich empfehle
darum rein prophylaktisch die teilnahme
an seminaren wie: „befreiung vom muff“,
„der muff des lebens und sein hintergrund“,
„der gesunde umgang mit dem muff“ oder:
„erkenne deinen muff, und du erkennst dich
selbst“.
so, jetzt muff ich aber schlußmuffen.
kapitel 2 folgt bestimmt, denn der muff
lässt keinen los. nach diesen ausführungen
bleibt mir vorerst nur zu sagen: „tschüß
und gut muff!“
muffmuffmuffmuffmuffmuffmuffmuff ...





schreiben wie atmen - 10.09.2007 21:21

Orgien in Grau

So! Das habe ich jetzt davon! Was muß ich auch so viel muffiges Gemuffe lesen.
Der Mann im Baumarkt hat mich ganz (grau-)kariert angeguckt als ich dreißig Liter Wandfarbe und zehn Flaschen schwarze Abtönfarbe gekauft habe. Dann noch eine Ladung graue Stofffarbe. Alles wunderbar. Seit Stunden bin ich nun am streichen und färben. So nach und nach wird alles schön muffig und grau. Habe mir eine Kartoffelsuppe mit schwarzem Kaviar drin gekocht, solltest mal sehen wie strahlend grau die geworden ist. Die Zimmer sind alle schon wunderschön muffig grau. Vor dem Streichen der Möbel schrecke ich noch ein bißchen zurück. Hoffentlich ist bis zum ins Bett gehen die Bettwäsche trocken geworden. Wie sollte ich einschlafen, wäre meine Bettwäsche nicht ordentlich grau. Muffgrau - grausliggrau - Muffpuff hier. Wo ist mein grauhärenes Hemdchen? Wer hat mir die schöne Asche geklaut die ich mir nach getaner Malerarbeit aufs edle Haupt zu streuen gedachte?
Ich arbeite fieberhaft an diversen Muffvarianten. Könnte man nicht den Kampf mit der Bettdecke mit der Masturbation zusammenführen um ein noch tristeres Gemuffel draus zu machen? Wie wäre es mit klecksografischer Deutung der Schleifspuren (darüber wäre Sigmund Freud außer sich geraten vor Freude)? Wer weiß ob sie nicht was über die nächste Zukunft aussagen können (z.B. ein kryptisches: "du wirst bald Wäsche waschen...").
Man könnte doch auch den Versuch starten, andere am eigenen Muff teilhaben zu lassen ohne direkt mit ihnen darüber sprechen zu müssen. Ich denke an die Hinterlassung von allgemein und leicht verständlichen Botschaften. Die kleksografisch ausgedeuteten Unterhosen z.B. könnte man problemlos in der Speisekarte der Pizzeria hinterlegen. Zahlungsaufforderungen könnte man unter Abdeckung der Adresse vervielfältigen und in die Briefkästen der Nachbarschaft werfen. Den laut Musik spielenden Nachbarn bittet man um eine Kopie des Tonträgers, um gemeinsam eine noch exorbitantere Lärmbelästigung inszenieren zu können.
Heissa! Da gerate ich richtig in Fahrt. Dem Chef einfach mitteilen, dass man nun nicht länger auf eine Lohnerhöhung wartet, sondern vielmehr jeden Monat einen Euro spenden wird für die Erweiterung des Heimabendessenangebotes auf z.B. Leberwurstbrot mit GURKEN! An Bushaltestellen ist darauf zu achten, stets kleine Zetttel mit anzüglichen Witzen parat zu haben die man dann wortlos an die ebenfalls dort Wartenden verteilt (der Witz muß aber wirklich richtig doll schlecht sein weil es sonst nicht hilft). Mehr kaufen als man verdauen kann ist noch leichter, wenn man sich in einem Geschäft für Bauwerkstoffe und Schrauben eindeckt.
Himmel, was tun sich da für Möglichkeiten auf!!!
Ich werde ab sofort keine Kreativ-Schreiben-Seminare mehr abhalten sondern alles umstrukturieren:
"Muff - ein Gefühl erobert die Welt."
"Mit maixmalem Muff mehr Munterkeit"
"Gut druff mit Muff"
"Sei schlau - trag Grau" (Stilberatung für Muffelanfänger)
"Der Muff und die Schleifspur - ein Deutungsversuch"


Ich werde Dich dann wissen lassen wann und wo. Vielleicht hast Du ja Lust als Co-Dozent aufzutreten??

grauslig graue Grüße von

Angela

bonanzaMARGOT - 11.09.2007 18:14

ich bin fan von schwarz-weiß-fernsehen

angela, ich liebe grau. grau paßt wunderbar zu allem. aber ich bin viel zu faul, mir so viel arbeit wie du zu machen. immerhin trage ich mit vorliebe graue socken, graue hosen und mein graues lieblingshemd.
muff sollte muff bleiben - ein ernstes problem, und keine farce.
die welt ist nunmal muffig. und der mensch ist so was wie der obermufftie.

ich kann mir nicht vorstellen, daß ich gut dozieren kann. vor einer meute menschen stehen, der man etwas erzählt und erläutert, ist total unmuffig. nein, da würde mir kotzübel werden.

aber danke für deine heiteren bemerkungen in diesen muffigen tagen.

bon.
schreiben wie atmen - 11.09.2007 08:22

Schau Dir das mal an


bonanzaMARGOT - 11.09.2007 18:34

Gott kotzt in die Demokratie

meinst du das gedicht oder den blog als solchen?

das gedicht ist nicht übel geschrieben - doch mutet es mir zu selbstverliebt an. auch intellektuell verquastet.
viel zu anstrengend für einen einfachen geist wie mich.

ein richtiger literatenblog. profilike gemacht und gestylt, wo scheinbar obergescheite menschen schreiben, die sich wichtig nehmen. oder?
ich reagierte schon immer allergisch auf eine solch elitäre mache.
an der uni wurde mir regelmäßig schlecht, wenn ich meinen kommolitonen in der mensa beim schlürfen des eintopfs lauschte. mein gott, was für ein gesülze, dachte ich damals.
tja, und wenn ich heute in solchen blogs oder literaturforen lese, denke ich dasselbe.

gruß
bon.
schreiben wie atmen - 11.09.2007 18:50

Treffer

Macht Spaß dir so was vorzustellen :o)
Wenn sie wenigstens nur ihren Eintopf schlürften diese Kommilitonen - das wirklich Schlimme ist ja das Gesabbel das sich zwischen Erbsen, Kartoffelecken und Fleischeinlage Bahn bricht. Null Bockwurst da drauf.
Ich benutze derartige Weblogs als Ideenkiste für meine boshaften Anwandlungen und als abschreckendes Beispiel. Mein Herz hängt doch noch sehr stark an der Kunst des Erzählens. In einem früheren Leben war ich bestimmt eine Märchenerzählerin oder so was.
So toll gestylt finde ich dieses Blog nebenbei gar nicht...

Gruß Angela
bonanzaMARGOT - 11.09.2007 19:01

märchentante,

auf dem boden bleiben und träumen.

es gibt viel zu viele menschen, die sich wichtig nehmen und meinen, sie wären gescheiter als die anderen.
und schon wieder schlägt der muff gnadenlos zu. denn was waren meine erlebnisse mit den kommolitonen anderes als astreiner muff?!

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