ein potentieller klon spricht sich von der seele




die aufgekommene klonerei eröffnet dem menschen
so finde ich, gar wunderbare perspektiven
gleich vorausgeschickt: ich glaube an die
wiedergeburt
und - wäre das nicht supergeil, wenn ich
im nächsten leben als mein eigener klon
geboren würde?

(der sprecher lacht in sich hinein)

und so weiter und so weiter
ich würde mich klonen lassen und mich dann selbst
immer wieder - ich meine seelisch
im klon nach meinem ableben wiederfinden
um ein bild zu gebrauchen:
ich stehe zwischen zwei spiegelwänden und sehe
meine gestalt unendlich oft vor mir in einem tunnel, in dem sich

die spiegelbilder bis zur unerkennbarkeit ineinanderschachteln
stellt sich die frage: wie schaffe ich es
ausgerechnet als mein klon wieder auf die welt
zu kommen? ich gebe zu, an diesem punkt könnte
meine theorie platzen ...
ach was!

(die miene des sprechers hellt sich auf)

wer sollte denn, wenn nicht ich, in meinem
klon hausen, wohnen, leben?
ich meine seelisch
das liegt doch auf der hand, daß ich dazu
augenscheinlich prädestiniert bin

(der sprecher legt eine denkpause ein)

die vorstellung, als jemand ganz anderer wieder-
geboren zu werden, ist mir furchtbar unangenehm
womöglich, haha, als der klon von dir, mein
lieber zuhörer
oder als sonstwas, da kommen mir die verrücktesten
ideen in den kopf - nein, ich bin am liebsten ich
und ich will ich bleiben!

(der sprecher gerät außer sich)

wenn das hinhauen würde, mein gott!
das wäre ... mir fehlen die worte
fulminant!
natürlich muß die ganze sache richtig getimt
und organisiert werden, nicht daß was schiefläuft
nicht auszudenken wäre das ...

(der sprecher klingt plötzlich wesentlich verhaltener)

vielleicht sollte man dieses projekt erst mal
an einem anderen ausprobieren -
es gibt doch genug arme schweine auf der welt
für die so eine gelegenheit besser ist als alles
in ihrem sonst so beschissenen leben
ich nehme da zum beispiel die millionen aidskranken
deren tage sowieso gezählt sind
ich hab` zeit ...
noch hab` ich zeit
die sollen mal einen zahn zulegen mit ihren experimenten
man lebt ja schließlich nicht ewig

(der sprecher schließt)



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