eingeständnisse


(sommer 1993)



ich habe lange vergessen, dass ich ein und derselbe bin
hat man alle macht, hat man auch allen schmerz
intuition ist die triebfeder gottes
sehende dichter werden nur von sehenden dichtern erkannt

tiefsinniger humor durchsetzt mit klamotte
das fehlt viel zu oft – die kunst über sich zu lachen
die welt ist übervoll mit ernst
sie ist wie ein stinkender müllkübel
zum kotzen – man kriegt es wirklich mit der angst zu tun
tiefsinn darf man nicht aus den augen verlieren
und die sonnenuntergänge, lodernde flammen in den augen
herzensgüte und aufrichtigkeit
lasst uns lachen über uns, ich liebe die ironie
lasst uns auf die schultern klopfen und herzerfrischend lachen
und ein bierchen zischen
ihr gottverdammten arschlöcher auf der ganzen welt!
und lasst eure fernseher und stereoanlagen nicht auf stand-by
ich habe gehört, das kostet einen haufen strom

meine freundin u. rauchte einen joint in ihrem zimmer
und kam nicht zurück
wenn sie zurückkommt, ...
was mir zur zeit abgeht, ist das gefühl der erfüllung
das gefühl der befriedigung nach einem geleisteten tagewerk

im geiste sehe ich mein altes, schwarzes fahrrad auf der terasse stehen
und es wird nimmer, nimmer zurückkehren
jeden tag sich von neuem sagen müssen, dass man sich mit diesen
verwichsten kleingeistern abgeben muß
bei aller liebe – das macht apathisch und fernsehsüchtig oder
aggressiv und drogensüchtig oder
alles
verdammt, die sonne ist schon wieder weg! wo ich mich doch am
nachmittag ins freibad knallen wollte, bis u. vom sprungplatz kommt
u. ist geil auf ihre fallschirmsprünge, das ist schon mal was
und ich sitze zuhause mit der glotze, 20 radiokanälen, einem
pornovideo, gesprenkelter langeweile in meinem kopf und
einer kalten sonne vor der haustür
i love swing, i love swing – ella fitzgerald

u. ist fort, einfach so, wie ein gespenst
sie nahm den autoschlüssel von der schreibmaschine und düste ab
und ich denke, wie kindisch es ist, sich nicht zu verabschieden
das tut einem später leid, dass man so verbohrt war ...
ooooooooch, ich möchte nicht böse sein müssen, das passt nicht
zur liebe, dieser scheiß besitzanspruch, das ist das ganze elend!
ob kommunisten besser lieben?
im kühlschrank wartet ein angebrochenes bier auf beachtung
diese teufelin!
ich fühle mich, als läge ich schon unter der erde
ganz tief, mit einer unheimlichen last über mir
und ich bin bleich und ratlos
und kalt und starr
hey, klopfe mal an, alter freund
ich werde auf dem sofa sitzen und masturbieren
ich werde den porno in den video schieben und mir
in null komma nichts einen runterholen

zwischen mann und weib gibt es keine einigung
nur kampf
und einigen sie sich dennoch, dann ist das wohl
einem waffenstillstand gleich
mit gelegentlichen scharmützeln und einer
diplomatie der verlogenheit
öder pragmatismus und romantik im photoalbum
geschönte erinnerungen
dann reden sie davon, dass ihre liebe mit den jahren
gereift ist
eingeständnisse sind im geschlechterzwist tretminen, die
man verflucht gut plaziern muß, damit sie im richtigen
moment hochgehen
baby, du kannst ohne eingeständnisse nicht leben, seh zu
dass du den sprengstoff los wirst

iiiiiiiiiiiiiih, meine fürze riechen wie `ne verwesende leiche
und wieder süßen kontakt zur außenwelt
verachtung ist eine scheußliche folter, und was für säuische
überwindung kostet es, ihr anders zu begegnen
als mit verachtung
wenn u. natürlich lange genug schlecht über mich geredet hat
kann sie nicht mehr zurück
eine verdammt hohle nuß, aufgeputscht durch joints und
34 jahren lebenserfahrung
wenn sie den kampf bis aufs messer will – bitte
sie spielt ihr saxophon
ich will mal wissen, was in ihr vorgeht
ich glaube nicht, dass sie`s weiß
sie hat keine theorie
sie ist ungeschliffen
und hat das zur religion, was die meisten von uns im ansatz
haben: maßlose egozentrik
der nicht zu widersprechen ist, weil sie keine eingeständnisse
kennt
ich könnte sie bedauern, wie sie sich mit ihrem saxophon
abmüht, weil das zu ihrer lebensmaxime gehört
stattdessen renne ich als flitzer durch meine seele
und verachte mich selbst

willst du `ne pizza mit krabben und kapern?
ich gehe sie holen
wir haben sie verdient – du und ich
mit unserer verachtung
möglichst scharf
und ich fühle mich als masochist, der mit seiner schnute in
schokoladensoße schwelgt, während die peitsche auf seinen
nackten po klatscht
kalaschnikov, kalaschnikov

darum liebe ich die ganze welt
und bin ein egoist
unwideruflich egoist
geliebter egoist – oder hässlicher?
verdammtes selbstmitleid
hatte ich fast vergessen, ist aber eine unglaublich
kreative antriebskraft
destruktiv natürlich
aber wunderbar, denn ist nicht das ganze leben zerstörung?
wunderbar fruchtbare zerstörung

die nerven werden langsam schwächer, und die kraft lässt nach
das lässt sich über das altern sagen
der sommer hat seine mauern hochgezogen
schweiß und helligkeit und angst
und wieder angst
aber keine neue – sondern alte, modrige
wie ein stinkender, alter furz
wie ein alter freund, den man in- und auswendig kennt
mitte august
jeder schreiber hat eine melodie wie ein gesicht
ich liebe die bewegte mimik
ohne die niedertracht freilich
möglichst ein offenes lachen, das den blick aufs herz
aufreißt
und wenn eine spur traurigkeit nicht verborgen bleibt
meist im matten glanz der augen, bin ich mir sicher
dass ich es mit einem aufrichtigen menschen zu tun habe
immer wieder den symmetriebruch suchen
beim gegenüber, und ich glaube nur an das mitleid als
bindende kraft in der freundschaft
man sollte das selbstmitleid nicht verteufeln, das genauso
sinn macht wie angst und schmerz
es gibt formen des maskierten selbstmitleids, die den frieden
wirklich stören – welche sind:
arroganz, besserwisserei und engsicht
entschuldigt, natürlich sollte niemand vor selbstmitleid
zerfließen

mit dem sex verhält es sich wie mit der literatur
zum einen gehört eine masse leidenschaft dazu
zum anderen ist es geschmackssache
allerdings wird nicht nur vom schreiber
auch dem leser wird leidenschaft abverlangt
damit die sache gut wird
sowieso kann man nichts erzwingen in der kunst
wenn ich ganz schwanz bin, bin ich ganz schreibfeder
der höhepunkt ist eine glückliche erleichterung zur
arterhaltung
ich tippe mein sperma in dieses papier und werde sehen
was daraus wächst
das ist nur eine andere art sich fortzupflanzen
wie immer
mehr oder weniger erfolgreich
was daraus werden soll, ist ein frommer wunsch des schreibers
es wird selbst bei geschickter selbstinterpretation
unter den gesetzen der evolution
mutieren

und dann werde ich sagen: ein mensch, der sowas schreibt
kann nicht nur unglücklich sein
es existiert auch eine sonne im erdinnern
in wahrheit hat er kläglich versagt
ein versager, aus dem man trinken kann?
die flasche, die flasche, DIE FLASCHE!
keinen ausweg mehr gesehen
und u. die grutze zugedrückt – zum teufel!
damit das klar ist!!
grunzt er außer atem, bevor er keuchend ihren hals loslässt
ein keuchender, feiger schlappschwanz
und sich dem fernsehapparat zuwendet
eine echte liebe, ein echtes leben
er vibriert – wenn man auf einem instrument nichts zustandebringt
dann soll man es sein lassen – bullshit!
er vibriert, wie eine furchtbar verstimmte guitarrensaite
nicht hinhören! schalte die lauscher ab
hätten mir ein besseres nervenkostüm vergenen sollen
brauche eine ritterrüstung aus titan
was macht die atmung? schön ruhig: ein – aus
ein – aus
die menschen sind nicht sensibel genug, um anständig
miteinander umzugehen
stattdessen: sensibel wie drahtbürsten
gut für die durchblutung
verblutung – hehe
und was treibt unser sensibelchen heute?
kauert in der ecke und lutscht daumen
mauer ihn ein in seiner ecke! den dummkopf!
ich will nichts mit dem zu tun haben
weg, weg!
du willst mir das leben vermiesen, du moralfuzzi
glaubst an das gute und edle, he?!
ich glaube ans überleben pur
PUR – das ist die ideologie
junge, du bist ein blindgänger, junge, du hast den arsch offen
und sie rennen dir die bude ein, während du in der ecke hockst
und daumen lutschst
du bist den lebenskrisen nicht gewachsen
du denkst, du kannst dir den luxus leisten, in den tag hinein
zu träumen
du denkst, du wärst was besonderes, so ein anti-held, so ein
liebenswertes underground-schwein, so ein verkannter scheißer
der den blues hat
so einer, der mit poesie furzt
oh, scheiße ...
du machst dich zum narren
eeeeeech, er trinkt noch einen schluck aus der pulle
fährt sich mit der hand über den mund
als würden all die scheußlichen gedanken an seinen lippen kleben
das ist dünnschiß!
eine schäumende, kräuterduftende badewanne und
treiben lassen und die augen schließen, als wäre das universum
diese badewanne und aufwachen wie neugeboren und in
badetücher hüllen und langsam abfrottieren
und in den spiegel grinsen und setz noch eins drauf
und setz einfach noch eins drauf
und setz eins drauf



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