Die Tür




Ich bin aus dem Alter heraus, wo ich mich für meine
Dummheit rechtfertigen muss oder gar schämen.
Ich würde sage, ich entwickelte mit den Jahren eine
Art Souveränität, oder bilde es mir ein. Ich rede von
einem Prozess, der nicht abgeschlossen ist.
Das Leben bedeutet Ehrlichkeit und ein mit dieser
Ehrlichkeit überzeugendes Auftreten – vor sich und
seiner Umwelt.

Bevor ich ins Labern komme, erzähle ich lieber von
der Tür heute Morgen. Eine hundsnormale Bade-
zimmertür, die ich anstarrte, während ich auf dem
Klo saß. Sie schien zurückzustarren. Kalkweiß mit
einer gewöhnlichen Klinke. Der Schlüssel steckte.
Ich würde das Bad nur durch diese Tür verlassen
können. Das Gehen durch Türen war im Alltag
selbstverständlich. Ich drücke die Klinke herunter,
öffne die Tür und trete über die Schwelle.
Erst jetzt wurde mir richtig bewusst, dass die Tür
einen Eingang und einen Ausgang repräsentierte.
Ich würde sie als Ausgang benutzen müssen, dachte
ich auf dem Klo hockend und hatte plötzlich die
fixe Idee, warten zu müssen, bis jemand anklopfte,
dem ich öffnen würde und somit erst dann die
Gelegenheit erhielte, das Bad zu verlassen.
Die Tür starrte mich an, als wäre sie ein Wächter,
ein Einwegeventil. Diese Tür wollte kein Ausgang
sein. „Ich bin doch keine Schwingtür“, schien sie mir
zu sagen.
Ich erinnerte mich, dass ich als Kind traumatische
Erlebnisse mit Klotüren hatte, weil sie wegsperren
können, weil geliebte Menschen hinter ihnen ver-
schwinden und lange nicht mehr auftauchen.
In einem Alptraum verschwand meine Mutter in
einem Klo, und ich hämmerte unter Tränen gegen
die Tür. Auch war ich selbst schon in Toiletten
eingeschlossen, weil der Schlüssel klemmte.
Nur die Ruhe bewahren, dachte ich, die Tür wird
sich öffnen. Die Ohnmacht des Eingeschlossenen
ist eine der schlimmsten Qualen, die ich jemals
erlebte.
Ich feuerte in Gedanken eine Maschinengewehr-
salve auf die Tür ab. Die Sitzung war beendet.
Souverän drückte ich die Klinke und ließ Tür
und anderes hinter mir.




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